Ein Blogbeitrag Schönste Klettertour im Allgäu
Beitragsbeschreibung Panoramix 6er Route am Biberkopf
7/18/20104 min read


Mein Beitragsinhalt Biberkopf - die schönste Allgäuer Klettertour?
Der Biberkopf, an der Grenze zwischen Allgäu und Tirol gelegen, war Terra Inkognito für uns, bis wir nach einer Bergtour im Lechtal zum Auto zurücktrampten.
Die schönen neuen Autos fuhren vorüber, aber dann ächzte ein klappriger VW Bus langsam um die Kurve am Hochtannbergpass und... hielt tatsächlich an. Das ältere Paar darin schien glücklich und zufrieden zu sein. Auf dem Boden lagen Seil und Expressen.
Hallo, wo wart ihr denn klettern? In der schönsten Klettertour im Allgäu, antwortete spontan und ohne Zögern der Fahrer. Unsere Köpfe drehten sich seiner Frau zu. Sah sie sich gezwungen hier etwas richtigzustellen.
Nein, sie nickte nur zustimmend. >>Wir waren da drüben in den Südwandplatten des Biberkopfs und es war wirklich sehr schön<<. Natürlich blickten wir sofort hinaus auf die imposante, plattengepanzerte Südwand des Biberkopfs. Die Abendsonne gab ihr gerade einen zarten rötlichen Schimmer, und im Osten ging der Vollmond auf.
Wow! sagte ich beeindruckt und auch etwas neidisch auf das Abenteuer der Zwei. Wir führten in der Folge noch ein sehr anregendes Gespräch über vermeintlich weglose Berge, unbekannte Wege und die vielen kleinen Schmankerln die in den Allgäuer Alpen noch möglich waren.
Es hat natürlich etwas gedauert bis die Zeit reif war, um die Panoramixroute am Biberkopf zu klettern. Diese alpine Route mit Run-outs und einer 6er Schlüsselstelle waren durchaus eine Herausforderung für uns. Mein alter Seilgefährte Uli und ich nahmen sie an. Auch den langen Zustieg zur Wand, der allerdings zugegeben landschaftlich sehr schön ist.
Wie steht es kurz und eindeutig im Kletterführer Allgäu: Die Zustiege sind reziprok zur Kletterlänge. Auf deutsch: Lange laufen – kurz klettern.
Berge sind keine Bastionen der Ewigkeit, das zeigt das riesige Schotterfeld unterm Biberkopf. Es mag ja ein guter Wasserspeicher sein, aber zum Aufsteigen ist es eine echte Plage. Beharrlich aber kaum schneller als die zwischen den Steinen geschlüpften Schmetterlingsraupen geht es fluchend voran. Von Bergsteigern die in Schotterfeldern nach unten rutschen stammt die Idee zu Michel Jacksons genialem Moonwalk, schießt mir in den Kopf. Mit uns aufgestiegene Wanderer spazieren längst über uns am Westgrat entlang und lachen sich vermutlich ins Fäustchen.
Ich bin der Ansicht, dass jeder Berg seine Schokoladenseite hat. Hier zeigt er seinen Charakter, mit einem perfekten Grat, einer kühnen Flanke, einer steilen Wand. Am Biberkopf sind das zweifelsohne die aufrecht gestellten Platten, die herrlich glatt mit kühnem Schwung nach unten auslaufen. Kann man etwas Besseres tun als bei einer Besteigung diese Ideallinie nach oben zu wählen. Sie muss nicht die Schwerste, die Längste, oder die gefährlichste Route sein; Aber auch nichts weniger als die Schönste.
Am Wandfuß suchen wir wieder einmal den Einstieg. Halten Ausschau nach blitzenden Bohrhaken und Standplätzen. Nichts zu finden, nur eine abgeschnittene Standschlinge. In Falllinie steigen wir bei ihr über leichtes Gelände nach oben. Ein rostiger Felshaken liegt am Weg, weit älter als die Route die 1995 von Henrichs und Kessler erstbegangen wurde. Uli findet endlich einen gebohrten Zwischenhaken und bald den 2 Stand.
Ich steige jetzt vor und studiere das Topo, es weist nach oben. Nach einem Runout von fast 10 Metern lege ich einen Friend und suche kopfschüttelnd einen Zwischenhaken. Der müsste eigentlich am ehesten rechts liegen. Tut er auch, ganz weit da drüben, da liegt der vermaledeite Haken.
Also wieder zurück klettern, den Friend mit Herzklopfen wieder rausziehen und auf Katzenpfoten mit Reibung quer über die Platten geschlichen.
Früher war diese Wand ja mal ein topfebener Meeresboden, versuche ich mich zu beruhigen. Was nur kurz gelingt, denn im Augenblick ist sie leider griffarm und steil. Welcher Blödmann hat eigentlich das Topo gezeichnet. Was lernen wir daraus: Verzinkte Haken glänzen nicht in der Sonne!
„Schmierig und nass“! Uli hadert mit der überhängenden Schlüsselstelle an einer Verschneidung. Macht den ersten Zug, späht nach oben und kommt zurück. Er ist vorsichtig, zurecht, noch ist der Haken in seiner Nähe. Was erwartet ihn über der Kante! Findet er den einen entscheidenden Griff. Er zögert und fokussiert sich. Wenn du nicht bald gehst, erlebst du da oben einen Sonnenuntergang, frozzle ich. Wir kennen uns schon lange genug, um einen Finger in die Wunde zu legen!
Schnell und sauber kletternd genießen wir dann die wunderschönen Platten, bis zur letzten Seillänge. Es zieht mich eigentlich nach links in eine gut kletterbare Verschneidung, ich folge dennoch dem Topo geradeaus. Nach locker acht Metern muss ich, wie bitter, wieder nach rechts ausweichen. Die Zwischenhaken müssen da drüben liegen und da es ohnehin nur zwei sind, sollte man sie auch erwischen.
>>Ohne Angst vorsteigen ohne ein Extremer zu sein<< diese Behauptung der Erstbegeher können wir nicht bestätigen.
Uli macht sich Sorgen, nervös hält er Ausschau nach den Haken. Im Augenblick würde ich bei einem Sturz neben ihm auf dem Band einschlagen. Diese letzte Seillänge hat es in sich, no Plaisir, aber diese außergewöhnlich schöne Südwand darf durchaus etwas Schweiß fordern!
Sitzt man dann erst mal mit den Füßen über der Wand baumelnd beim nachsichern, hängt der Himmel wieder voller Rosen. Die sind bekanntlich unten dornig und nur oben duftend.
Am Biberkopfgipfel genießen wir die Weite und das beachtliche Panorama. Uli stößt mich in die Seite und deutet nach Westen. Da drüben am Widderstein liegt eine der schönsten Klettereien im Allgäu, Abrakadabra heißt sie. „Schönste Allgäuer Klettertour“, kommt mir irgendwie bekannt vor, denke ich laut!
Autor: Robert Mayer Copyright für unveröffentlichte Texte Robert Mayer