Ein Blogbeitrag Dreigipfeltour im Kleinwalsertal

Beitragsbeschreibung Von der Kanzelwand über die Oberstdorfer und Walser Hammerspitze zur Fiderepasshütte.

Robert Mayer

7/5/20234 min read

Mein Beitragsinhalt Gipfeltour über dem Kleinwalsertal

Abenteuerliche Gratüberschreitung von vier Gipfeln auf dem Fellhornzug.

Die Überschreitung des Fellhornzugs ist wegen ihres Blumenreichtums ein Klassiker im Allgäu. Für alpin erfahrene Bergsteiger muss der Grat aber an der Kanzelwand nicht zu Ende sein. Über die felsigen Zacken und Scharten von Schüßer, Hochgehren und Hammerspitze führt ein ausgesetzter aber bestechend schöner Gratweg bis zur Fiderepaß Hütte.

Ein stiller einsamer Grattanz über dem Kleinwalsertal. Der Haken an der Tour: Kurz vor der Hütte steht eine 8 Meter hohe Felswand im Weg. Sie muss im oberen III Grad abgeklettert oder abgeseilt werden. Diese Tour ist daher nur etwas für erfahrene Allgäukenner.

Allerdings gibt es eine schlecht markierte Umgehung die den II Grad nicht überschreitet. Klettergurt und ein Seil mit mindestens 20 Meter Länge sollte dennoch für den Notfall mitgeführt werden.

Die Sonne kämpft sich morgens durch letzte aufsteigende Nebelschwaden und wärmt die ersten der vielen Felszacken zwischen Hochgehren und Hammerspitze. Ein Grat so spitz wie Stacheldraht, schießt mir beim ersten Blick in den Kopf. Ich hoffe nur das unsere Tour über vier Gipfel weniger wild wird wie sie aussieht. Unser Begleiter Berthold hat noch wenig Erfahrung im alpinen Gelände. Die anspruchsvolle Tour traue ich ihm dennoch zu. Zum einen hat er eine fundierte Ausbildung zum Fernspäher hinter sich, inklusive Abseil und Sicherungstechnik, zum anderen läuft er Marathon.

Wir starten an der Kanzelwand Bergstation, genauso gut könnte man aber im Anschluss einer Begehung des Mindelheimer Klettersteigs in der Fiderepaß Hütte übernachten und von dort starten. In 2 bis 3 tagen ließe sich so der ganze Fellhornzug überschreiten.

Noch ist es kühl, das nutzen wir um die wenigen Höhenmeter auf die Kanzelwand zu überwinden. Die Klettersteige dort lassen wir links liegen, wir müssen uns heute an seilfreies, ungesichertes Gehen gewöhnen. Genau das macht den Reiz dieser Tour aus.

An der Kanzelwandscharte führt Weg Nr. 446 zur Fiderepaß Hütte. Unser Pfad geht aber 20 Meter weiter nach rechts ab. Einige rote Punkte markieren ihn. Über den langen nicht allzu steilen Gratrücken ist bald der Schüsser 2170m erreicht. Breit und schroff wendet uns die Hochgehrenspitze ihre sonnige Ostseite zu. Von Westen dagegen wirkt sie eher sanft mit ihrem großen Steinkar bis knapp unter den Gipfel.

Nur für Geübte, warnt ein Schild in Richtung Hochgehren 2251m, auf dem flachen Rücken des Schüsser. Im Augenblick wirkt das aber fast lächerlich angesichts des breiten und bequemen Pfades mitten durch Blumenwiesen. Der findet aber ein jähes Ende an der ersten Verwerfung des Hochgehren. Der Fels zwingt uns schnell die Hände zu benutzen und auf unsere Füße zu achten. Wenn man sich am Klettersteig auch ein Ausrutschen am Seil leisten kann, hier im alpinen Gelände nicht. Kein Stress keine Hetze, dafür volle Konzentration auf das Hier und Jetzt. Genau auf den nächsten Schritt.

Vor mir geht Berthold, seine Silhouette zeichnet sich gegen den stahlblauen Himmel ab. Einen Himmel der vollkommen leer ist. Wie ein Rahmen den es zu füllen gilt. Der Grat auf dem wir die Balance halten ist der einzig mögliche Weg. Links und rechts liegen steil unter uns zwei grüne Täler. Es ist wie ein Tanz auf dem Seil, sollte er gelingen fühlt man so etwas wie Befriedigung und Stolz, denn man war der Hauptakteur in diesem luftigen Theater.

Manche Passagen sind eine echte Herausforderung. Die Hochgehrenspitze ist noch relativ leicht mit Klettern im I Grad erreicht. Aber beim Abstieg durch eine acht Meter Rinne sucht man schon etwas nach Griffen und Tritten. Im Anschluss geht es direkt auf einen kurzen aber ausgesetzten Grat der geschlängelt zu einer glatten Felsplatte führt. Sie führt in eine 20 Meter Rinne die zum Glück als einzige Stelle versichert ist. Unten in einer felsumkränzten Scharte auf 2189 Meter sind wir am Fuß der Hammerspitze.

Aber wo geht es hinauf? Von oben sehe ich Trittspuren am Grat, meine Freunde folgen aber zuerst einem Band nach Westen. Wir einigen uns auf den Gratweg und erreichen schnell die Hammerspitze 2259m. Allerdings sind wir noch nicht am Ziel, sondern an der Schlüsselstelle, eine acht Meter hohe Steilwand. Im Abstieg erreicht sie locker den III Grad. Es gibt aber auch Abseilhaken. Vorher kundschafte ich aber einen Weg nach Westen aus. Er ist mit roten Punkten markiert. Nach ca. 80 Schritten zeigt ein Pfeil nach links Richtung Süden, in die Steilwand über der Rinne, die den Weg zur Fiderepaß Hütte versperrt. Und siehe da, durch bröseliges Schrofengelände kann steil aber unmarkiert im II Grad in die Rinne abgeklettert werden. Einige Steinmänner weisen den Weg durch die Schotterrinne.

Schöner, aber auch anspruchsvoller ist das abklettern der Steilwand am Gipfelkreuz. Noch stehen wir zwei Bergsteiger unschlüssig an der Kante. Wir sondieren die Lage, suchen nach guten Griffen in der Wand. Als Kletterer muss ich wohl anfangen. Einige gute

Griffe machen mir Mut. Als aber meine Füße mehrmals nur vermeintlich wacklige Tritte finden kommt sofort Nervosität auf. Was passiert, wenn jetzt nur ein einziger Griff ausbricht? Obwohl die Wand über der Scharte nur einige Meter hoch ist, klafft östlich ein dunkles schwarzes Loch. Bereit alle leichtsinnigen zu verschlingen.

„Das da ist ein Supergriff“, bekomme ich unaufgefordert Unterstützung von anderen Bergsteigern unten in der Scharte. Bald darauf kann ich meinem Freund übermütig zurufen: „Halb so wild, das schaffst du auch“. Berthold meistert seine Premiere im Fels problemlos, er scheint ein Naturtalent zu sein.

Durch die Westflanke der Hammerspitze queren wir dann bis unter uns die Fiderepaß Hütte 2065m zu sehen ist.

Für den Abstieg wählen wir einen schönen Panoramaweg über dem Kleinwalsertal. Von der Wannenalpe bis zur Innerkuhgehrenalpe 1673m begleitet uns die sonne westseitig am Hang. Weil die Innerkuhgehrenalpe gar zu schön unter dem Kuhgehrensattel liegt kehren wir noch einmal ein. Die 200 Jahre alte Hütte mit 50 Hektar Weideland hat von Anfang Juni bis Mitte Oktober geöffnet.

Autor Robert Mayer Copyright beim Autor