Ein Blogbeitrag Abenteuer Zimba
Beitragsbeschreibung Zimba Überschreitung von Ost nach West
Robert Mayer
7/1/20165 min read


Mein Beitragsinhalt Abenteuer Zimba
Das Matterhorn des Montafon
Auf der Wunschliste ganz oben steht für viele Kletterer die Ost – West Überschreitung der Zimba. Der Berg wird wegen seiner markant aufstrebenden Gipfelpyramide, auch das Matterhorn des Montafon genannt. Mit seinem zerrissenen Ostgrat, seinen Türmen und Zinnen wirkt er wie ein kleines, aber ganz eigenes steinernes Reich. Ein Reich das durchzogen ist von abenteuerlichen Pfaden und bizarren Felsgebilden.
Einigen meiner Kletterpartner lag die Zimbaüberschreitung seit langem am Herzen und so visieren wir sie für das erste Juliwochenende an. Am Anreisetag planten wir zudem in der mächtigen 500 Meter Ostwand des Saulakopfes zu klettern.
Kaum ist jedoch der Pfändertunnel bei Bregenz durchquert verdunkelt sich der Horizont. Mächtige Kumuluswolken dräuen sich im Rheintalhimmel auf und verwandeln die Autobahn in eine Waschstrasse. Nachdem so der erste Elan gebremst ist, landen wir enttäuscht in Brand. In einem Laden trösten wir uns mit Vorarlberger Spezialitäten und fachsimpeln über die geschmacklichen Vorzüge abgelagerter Bergkäse.
Erst nachmittags, kurz vor unserer Rückreise lässt der sintflutartige Regen etwas nach und wir stapfen lustlos von der Lünersee Talstation in Richtung Alpinisteig. Kurz aber knackig gilt
er als einer der schwierigsten in Österreich. Wir hieven uns keuchend über den weit auskragenden Überhang, die Schlüsselstelle des noch feuchten Klettersteiges. Er bringt uns endlich zum Schwitzen und bessert unsere Laune. Kaum abgeseilt reißen dann wie bestellt die dichten Wolken wieder auf. Blitzschnell wird es schwülwarm und wir beschließen doch noch zu starten.
In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit ist außer der Besteigung des Saulakopfes auf dem Normalweg nichts mehr möglich. So sitzen wir in der neu renovierten Heinrich Hueterhütte und hoffen auf gutes Wetter für unsere Zimbatour am nächsten Tag.
Am Abend vertreiben wir uns die Zeit mit >>der schaurigsten Berggeschichte<<. Blackys Schilderung einer missglückten Watzmann Ostwand Besteigung ist die gelungenste. Die unruhige Biwaknacht mitten in der 1000 Meter Wand, nur an eine stachlige Latsche angeseilt möchte keiner von uns erleben.
Labyrinth Zimba
Am nächsten Morgen um sechs ist der Himmel so blau als könne ihn kein Wässerchen trüben. Gestärkt vom hauseigenen Vilifautee und mit Tipps vom Hüttenwirt versehen steigen wir südwärts zur Zimba. Der Aufstieg zur Neierscharte ist seit 2002 drahtseilversichert. Der Steig verliert sich öfters in dem Schrofengelände, nur einige abgebrochene Latten dienen der Orientierung. In einem engen Kar quetschen wir uns mühsam zwischen meterhohem Altschnee und dem Fels hindurch.
Zwei Stunden später an der Neierscharte ist leider Nebel aufgezogen, macht den Horizont eng und verschleiert die felsigen Gratausläufer mit ihren Karen. Auch die imposante Pyramide der Zimba ist umweht von weißen Schleiern.
Schwer atmend gelangen wir an die steile erste Seillänge. Wider Erwarten ist sie mit Bohrhaken und Standplatz gut ausgerüstet. Wir starten mit zwei Seilschaften die parallel gehen. Im unübersichtlichen Gelände ist es so einfacher den Weg zu finden.
Ich fühle mich heute nicht gut. Ein vereiterter Zahn macht meinem Kreislauf schon länger zu schaffen. Am liebsten würde ich gemütlich nachsteigen, dummerweise hat aber mein Seilpartner so früh im Jahr noch Konditionsmängel.
Nach den ersten Bohrhaken ist auch gleich wieder Schluss mit den künstlichen Hilfsmitteln. Die Route zu finden erfordert daher viel Instinkt beim Klettern. Der Himmel zeigt uns schon jetzt das es heute noch regnen oder vielleicht auch gewittern wird. Ich bin deshalb angespannt und ungeduldig sobald mein Seilpartner nicht zügig nachsteigt. Die Tour ist immerhin mit gut 8 Stunden angegeben.
Auf und Ab bis zum >>Schneckenriss<<
Schon bald ist auch klar warum. Nachdem ein erster Turm erstiegen ist geht es auf der Rückseite abseilend auch schon wieder hinunter. Dann stehen wir vor dem markanten >>Roten Turm<<. Nach unseren Informationen soll dieser rechts umgangen werden, obwohl der einfachere Weg nach links führen würde. Nach dem durchgezitterten Quergang nach rechts entdecke ich aber nur einen rostigen Haken kurz vor der senkrechten Nordwand des Turms. Definitiv zu schwer. Ist es nun Angst oder eher der Eiterzahn der mein Herz gerade rasen lässt. Also wieder zurück und doch zwischen Turm und Wand hindurch erreichen wir den vielzitierten Schneckenriss. Er hat seinen Namen von aufrecht geschichteten Gesteinplatten, die sich bizarr ineinander verdrehen.
Die Kletterroute führt in Richtung zweier Bohrhaken in einen senkrechten Schulterriss. Zum Glück ist es einfacher zu klettern als der abweisende Fels vermuten lässt. Steil aber griffig geht’s weiter in gefährliches ungesichertes Schrofengelände. Ich warne die untenstehenden vor dem drohendem Steinschlag unter dem Überhang Schutz zu suchen.
Obwohl das Seil fast zu Ende ist und zunehmend klemmt kann ich keinen sicheren Standplatz finden, aber über mir ragt ein wunderbarer Zapfen empor. Ob ich ihn noch erreichen kann? Ich ziehe am Seil wie ein Verrückter und komme geradeso ans Ziel. Beim Sichern meines Nachsteigers aber passiert was in flacheren Kletterrouten so oft geschieht. Das Seil löst einen schweren Felsblock aus der Fahrt aufnehmend in die Rinne mit meinen Partnern rollt. Stein, brülle ich sofort, zutiefst besorgt als er Fahrt aufnehmend nach unten poltert! Zurecht denn er verfehlt Ulis an die Wand gedrückten Kopf nur um wenige Zentimeter.
Der nächste Turm im Labyrinth am Ostgrat wird erstiegen nur um oben frustriert festzustellen, dass der tiefer liegende Quergang rechts richtig gewesen wäre.
Wieder ist über eine glatte Platte der nächste Absatz überwunden aber der Gipfel noch weit.
Wetterkapriolen
Rechts und links ziehen dicke Ambosswolken vorüber, von unten macht immer wieder aufziehender Nebel die Sicht zunichte. Es herrscht eine gespenstische manchmal belastende Stimmung. Vor allem, wenn der Partner zum konturlosen Schatten mit dem Fels verschmilzt. Nur der Seilzug hält dann den Kontakt. Es regnet aber zum Glück nur kurz. Dennoch treiben wir zur Eile an, der Rückzug bei Gewitter würde gleich lange wie der Aufstieg benötigen. Ganz abgesehen von den Wassermassen die tags zuvor die Wände hinunter rauschten.
Die schönen glatten Kalkplatten unter dem grasigen Aufschwung zum Gipfel sind klettertechnisch der Leckerbissen der Tour. Mit ihnen vor Augen ist aber noch ein messerscharfer brüchiger Grat zu überwinden. Aufrecht balancierend oder in typischer Reiterstellung, je nach Mut. Jetzt scheint es beständig zu regnen, während unten vom grünen Nordkar eine Herde Schafe zufrieden herauf blökt. Im Augenblick würde ich zu gerne mit ihnen tauschen.
Zwischen uns und dem Gipfel liegt jetzt nur die plattige Schlüsselstelle. Noch ist sie einigermaßen trocken deshalb beginne ich sie zu klettern, noch bevor Uli mich in die Sicherung genommen hat. Nach der steilen Platte bildet ein waagrechtes Stück den Ostgrat. Auf dem letzten Meter holt man etwas Seil ein, um mit einem Sprung in ein Joch zu gelangen. Eine Schlinge um das Felsköpfl gelegt bildet hier den letzten Standplatz. Ein grasiger Steilaufschwung, feucht und rutschig nach dem Regen führt dann zum heißersehnten Gipfel.
Am Gipfelkreuz scheint zumindest zeitweise die Sonne und wir sind restlos zufrieden. Das Gipfelbuch nimmt unsere Speedbegehung? mit über sechs Stunden zur Kenntnis. Immerhin hatten wir eindeutig erschwerte Bedingungen.
Erstaunlicherweise finden sich auch in den letzten Tagen trotz vieler Gewitter einige Besteigungen über den Westgrat. Auch er erfordert Kletterei bis im dritten Grad.
Abseilen am Westgrat
Beim Abseilen am Westgrat beginnt es schon wieder zu regnen und unsere nassen Seile laufen schlecht. Nach dem Abwerfen kleben sie am Fels fest wie Krakenarme und müssen mühsam wieder heraussortiert werden. Diese schräge Abseilfahrt wären wir leichter abgeklettert.
Ein Gratstück das zackig wie ein Drachenschwanz über dem Tal aufragt führt zu Fuß zur senkrechten Sohmplatte. Sie hat aufgrund ihrer Grifflosigkeit schon einige Westgratbesteiger zur Verzweiflung gebracht. Die 50 Meter Abseilfahrt an der berühmten Platte macht hingegen mächtig Spaß.
Nach 10 Stunden sind wir wieder an der Hueterhütte. Da die letzte Bahn vom Lünersee nun nicht mehr zu erreichen ist dürfen wir den Abstieg vom See über den >>Bösen Tritt<< auch noch genießen. Zum Dank begegnen wir spät am Abend einigen freundlichen Rostocker Schiffsbauern. Sie lassen den für sie ungewohnten Bergtag gemütlich am Bach ausklingen. Beim Vergleichen des Freizeitwertes von Ostsee und Ostalpen kommen auch wir in den Genuss einiger Rostocker Pilsener. Das norddeutsche Bier schmeckt gut, aber ob wir je auf unsere Berge verzichten könnten?
Autor Robert Mayer Copyright für unveröffentlichte Texte Robert Mayer



















