Skitour auf die Clariden: Ein Abenteuer in den Glarner Alpen
3/13/20254 min read


























Claridenstock – Inseln im leuchtenden Firn
"Was, die Clariden kennst du nicht? Die muss man machen, zwingend, zu schön um sie einfach links liegen zu lassen. Im Winter natürlich, um die unendliche Weite im Glaridenfirn ganz auskosten zu können." So meine wohlmeinenden Freunde.
Also gut, muss mich ja um nicht viel kümmern, denn sie waren schon mal dort. Allerdings war es damals sehr voll bei ihnen und Bergsteiger stauten sich an den schwierigen Schlüsselstellen der Clariden. Das führte zu einem frustrierenden Abbruch der Skitour.
Deshalb kommen wir jetzt schon am allerersten Freitag, als die Claridenhütte (2451m) gerade aus dem Winterschlaf erwacht. Das Holz liegt noch im Transportsack des Hubschraubers vor der Tür. Und es ist kalt, sehr kalt in der schönen Hütte. Dann ist das mit der Schönheit doch relativ. Die hilft nicht bei kalten Füßen.
Immer wenn eine Gruppe aufsteht, wechselt sofort der Gasstrahler seinen Platz. So kommt er ganz schön herum und wärmt einige Hintern. Abends bei leckerer Lasagne wird’s besser, aber man bräuchte deutlich mehr Gäste zum mitheizen.
"Jede Person bringt 100 Watt", meint unser Ingenieur.
"Man könnte tanzen, dann wären es 150 Watt, werfe ich ein." Leider hat der Gamsfairenstock (2972m) beim Hüttenzustieg vom Fisetengrat etwas Körner aus den Beinen gezogen. Die wollen gar nicht tanzen, die wollen schlafen. Mitsamt der Hose und Daunenjacke. Um am Samstag die gut 16 Kilometer lange Claridenüberschreitung, von West nach Ost zu machen.
Traumtag - Traumtour
Einsam wie eine Wüstenkarawane ziehen wir über die endlos anmutenden Weiten im Claridenfirn, (clarus, lat. leuchtend) der größten Gletscherfläche der Glarner Alpen. Wir wollen die Clariden von West nach Ost überschreiten, dann haben wir die Firnabfahrt vom Gipfel vor der Nase!
Der breite und mächtige Rücken vom Tödi (3612m), liegt südlich an unserem Weg. Wie eine verheißungsvolle Prophezeiung für künftige Touren, geleitet er uns bis zum Claridenpass (2937m). Diesen Südausläufer der Clariden, dass Claridenhorn, umkreisen wir Richtung Chammlijoch (2996 m). Auch hier leiten riesige Flächen, der Hüfifirn, den Blick in die Weite aufs Glärnischmassiv und bis zum Monte Rosa, Ortler usw.
Ein langer Hatsch, wenn auch mit bezaubernden Impressionen in Weiß flankiert. Vor allem die Einsamkeit und Stille tragen die Landschaft!
Endlich erreichen wir das Joch im Westen und ziehen jetzt langsam ostwärt. Den Claridenvorgipfel (3191m) vor Augen. Der steile knallhart gefrorene Anstieg erfordert Pickel und Steigeisen. Über den ausgesetzten Ostgrat balancieren wir zum Joch (3150m) zwischen den zwei Gipfeln.
Hier beginnt der teil senkrechte aber versicherte Felssteig zum Clariden. Kein Wunder das sich hier normalerweise viele Bergsteiger stauen. Auch wir warten auf die große Gruppe die uns im Abstieg begegnet. Sie kommen über die Ostseite der Clariden, verpassen daher die schöne Firnabfahrt vom Gipfel. Mehr recht als schlecht von ihrem Bergführer gesichert, kratzen sie mit ihren Steigeisen über den Seewerkalk. Wohl dem der einen trainierten Bizeps sein Eigen nennt. Aber nach ca einer Dreiviertelstunde stehen wir auf dem Claridengipfel (3267m)
Eine harte Grattour aber sie entschädigt mit einem Amphitheater das Staunen lässt. An einem Traumtag, im Gegensatz zu gestern wo der Föhnsturm versuchte uns vom Berg zu blasen.
Das Gipfelfoto wird mit breiter Brust und einem Grinsen der Vorfreude geschossen. Die Freude auf den fantastischen Osthang und die weite Firnfläche darunter. Denn die Sonne scheint kräftig auf die gefrorene Schneedecke.
Wandelt so Eiskristalle in weichen Firn um. Gut wenn man nicht schneller läuft als die Sonne strahlen kann.
Im Claridenfirn zaubern wir unsere Schwünge in den weichen Schnee und freuen uns über jeden weiteren Kilometer der zur Hütte führt!
Wow, das war bissig!
Das Tüfelsjoch (2918 m) trägt seinen Namen wohl nicht zu Unrecht. Die vereiste Spur bringt schon im Aufstieg einige zu Fall. Auch der Föhnsturm mit über 80 Stundenkilometern tut sein Übriges. Leider steht direkt vor uns eine unerfahrene Truppe am Einstieg vom Klettersteig.
Das durcheinander von Steigeisen, Klettersteigset und dem Seil zum Bergführer ist beträchtlich. Im eiskalten Sturm wird man natürlich etwas sensibler was das Warten angeht. Kaum losmarschiert fällt das erste Steigeisen herunter. Dann wickelt sich das Seil um Füße und andere Körperteile. Der Bergführer kämpft stimmgewaltig um Kontrolle im Sturm der Überforderung.
„Na den Job will ich nicht“, meint lakonisch Tobi.
„Sauer verdiente Kröten“, mosert Blacky.
Aber es kommt noch schlimmer. Oben am Joch stürzt sich der Sturm auf unsere
Ski am Rucksack. Zwingt uns auf den Boden und dort müssen wir warten. Lange warten!
Denn nur mühsam kämpft sich die Karawane die Kette hinunter zur Abseilstelle. Dort wird einzeln abgelassen und das Seil wieder hochgezogen.
Währenddessen kriecht der Frost immer weiter in all unsere Glieder.
Aber dann mogeln wir uns an der kleiner werdenden Gruppe vorbei zur nächsten
Abseilstelle.
Hinter uns klettern schon länger zwei Schweizer Touren Geher. Überraschend und auch etwas blauäugig haben sie weder Klettergurt noch Seil dabei.
Schön das der gestresste Bergführer die Nerven hat, ihnen einen Klettergurt und Seil wieder hochzuziehen und sie abzulassen.
„Kostet aber was!“, lässt er zurecht verlauten.
Die Abfahrt ist dann leider pickelhart gefroren. Schneekolke kollidieren mit unseren Skiern und die Rüttelpiste saugt die Knochen aus. Wie beim sandstrahlen trifft der Schnee schmerzhaft ins Gesicht. Die Skier gleiten den Berg hinab und werden vom Wind gepeitschten Schnee dabei überholt. Habe ich auch noch nicht erlebt.
Auf der Klausenpass Straße reicht der Schnee dann bis hinunter zum Urnerboden (1372m), wo die Sonnenterrasse schon wartet.
Die Wirte der Claridenhütte, Landschaft und Leute haben ihre Spuren hinterlassen. Wir kommen wieder in das idyllische und ruhige Schweizer Dörfchen Urnerboden mit den netten Leuten.
Copyright Robert Mayer 12.3.25